Best of: Gerhard Richter in der Neuen Nationalgalerie
Werke für Berlin. So heißt die Ausstellung, die seit 1. April 2023 in der Neuen Nationalgalerie zu sehen ist. Gezeigt werden eben jene 100 Werke, die der Ausstellung den Namen gaben und als langfristige Dauerleihgabe durch die Gerhard Richter Kunststiftung zur Verfügung gestellt wurden. Unter den Bildern befinden sich Werke aus allen Schaffensperioden des Künstlers, wie dem "Birkenau" Zyklus oder auch "4900 Farben" (2007) oder "Übermalte Fotografien" (seit 1986). Außerdem sind auch neuere, abstrakte Werke von 2016/2017 zu sehen. Künftig soll die Sammlung in einem eigenen Raum des Museums des 20. Jahrhunderts gezeigt werden. Das Gebäude wird derzeit neben der Neuen Nationalgalerie gebaut, geplant ist die Eröffnung für 2026. Umso besser, daß man die Kunstwerke schon jetzt im grafischen Kabinett der Neuen Nationalgalerie sehen kann: Bilder, Spiegel, übermalte Fotografien und Farbskizzen.
Birkenau Zyklus
Der „Birkenau“-Zyklus von 2014 spielt bei der Ausstellung eine zentrale Rolle. Ausgehend von 4 Fotografien aus dem Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, die von Häftlingen 1944 heimlich unter Lebensgefahr aufgenommen und erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs 1967 veröffentlicht wurden, beschäftigte sich Gerhard Richter intensiv mit diesem Teil der deutschen Geschichte. Richter übertrug zunächst mit Kohle und Ölfarbe diese Fotomotive auf die Leinwand, um sie dann erneut abstrakt zu übermalen. Durch die vielen einzelnen, neu aufgetragenen Farbschichten entstand auf dem alten Werk ein neues, abstraktes Bild. Aus seiner Sicht konnte er anders dem Anspruch nicht gerecht werden, das Grauen adäquat abzubilden. Durch die anschließende Abstraktion des Ursprungswerkes wollte er einen Raum zwischen „Zeigen und Nicht-Zeigen“ schaffen. Sowohl die Rolle der Kunst und ihre Möglichkeiten bei der Verarbeitung des Grauens des Holocausts als auch die vier entstandenen Kunstwerke des Werk-Zyklus, ermöglichen eine Auseinandersetzung mit Vergangenheit, Aufarbeitung und dem Umgang mit Zukünftigem sowie der Darstellbarkeit dieses unfassbaren Grauens.
Viele Einzelteile ergeben ein Ganzes
Gerhard Richter war fasziniert von der Perfektion, Genauigkeit und der Wiedergabe von Farben auf Farbmusterkarten sowie den Möglichkeiten, diese Farben in unzähligen Abfolgen untereinander zu variieren. Aus dieser Faszination entstand 2007 das aus 196 Einzelfeldern zusammengesetzte Bild „4900 Farben“. Es gab auch den Ausschlag, sich 2013/16 erneut damit zu beschäftigen und für sein Werk „Strip“ eines seiner „Abstrakten Bilder“ von 1990 neu zu bearbeiten. Er segmentierte es per Computer in immer kleinere Elemente, spiegelte diese und arrangierte sie neu. Die scheinbar zufälligen Streifen wurden dadurch einer bewussten Ordnung durch den Künstler unterzogen. Es entstand daraus ein 2 x 10 Meter großes Werk, das ebenfalls in dieser Ausstellung präsentiert wird.
Blick in die Ausstellung
Neben großformatigen Bildern, deren Farben Gerhard Richter mit dem Rakel aufträgt, zeigt die Ausstellung viele Bilder der Fotoserien, die durch Ölfarbe übermalt und entfremdet wurden.
Richter schuf 1999 für den Deutschen Bundestag eine dreiteilige Wandinstallation aus farbemaillierten Glasplatten, zu der auch das kleinformatige Bild „Schwarz, Rot, Gold“ der aktuellen Ausstellung gehört.
Wo?
Neue Nationalgalerie
Wann?
1. April 2023 bis 2026
Infos?
Titelbild: „Strip“ von Gerhard Richter ©kischreport